Gut, dass wir Platz im Vorgarten gemacht haben: kurz vor Feierabend hat ein LKW die ersten Paletten Verblendsteine angeliefert. Verblendsteine schützen das Haus vor der Witerung und tragen viel zum Gesamteindruck bei. Es gibt sie in unzähligen Größen, Farben und Mustern, das macht das Aussuchen nicht einfacher.
Warum eigentlich Verblender? Wir haben uns gegen eine günstigere Putzfassade entschieden, weil die oft ökologisch bedenklich ist, sehr viel mehr Aufwand im Unterhalt erfordert und es immer wieder Bedenken wegen Brandschutz gibt. Putzfassaden sind generell empfindlich für Algenbewuchs. Die Hersteller verhindern das, indem sie entsprechende Gifte in die Außenbeschichtung oder den Anstrich einbringen. Dabei handelt es sich oft um Substanzen, die in der Landwirtschaft schon lange verboten sind, weil sie in der Umwelt zu große Schäden verursachen. Sie werden im Lauf der Zeit vom Regen ausgewaschen, meistens endet der Schutz für das Haus kurz nach der Gewährleistung. Nach wenigen Jahren ist wieder ein Anstrich fällig, spätestens mit dem zweiten Mal Streichen verliert die Putzfassade ihren Preisvorteil, so dass sich eine Verblendfassade langfristig rechnet. Sie altert in Würde und sieht nach vielen Jahrzehnten immer noch gut aus.
Das zweite Argument ist der Brandschutz. Unter der dünnen Oberflächenbeschichtung verbirgt sich Styropor oder ein vergleichbarer, leicht brennbarer Dämmstoff. Schafft ein Feuer es durch die Oberflächenbeschichtung, kann es sich schnell auf der ganzen Fassade ausbreiten und ist dann nur noch schwer unter Kontrolle zu bringen.
Wie findet man einen passenden Verblender? Wir wollten uns gut in die Nachbarschaft einfügen und eine Farbe wählen, die mit beiden Nachbarhäusern harmoniert. In unserem Bilderarchiv stecken ein paar Fotos von Häusern, die wir sehr schick finden. Mit beiden Sachen im Gepäck machen wir uns auf den Weg zum Baustoffhandel. Unser Gesprächspartner dort rät uns gleich von den Mustertafeln ab und will und lieber zu einer Auswahl von Häusern schicken, die zu unseren Vorstellungen passen könnten. Die Wirkung eines Verblenders sieht man nur auf einer echten Hausfassade, ein kleines Muster kann das nicht ersetzen. Die Farbe der Fuge hat auch einen entscheidenden Einfluss darauf, wie ein Stein wirkt. Klingt beides vielleicht komisch, heute wissen wir, dass er Recht hatte.
Wir bekommen insgesamt zwei Adresslisten mit fast 100 Einträgen drauf, einige im Hamburger Stadtgebiet, andere über 100km entfernt. Zwei Wochenenden, zwei Tankfüllungen und hunderte Fotos später sind wir nicht wirklich schlauer. Bei einigen Häusern sind wir sofort umgedreht, über andere haben wir uns länger unterhalten, ein Volltreffer war nicht dabei. Wir besinnen uns auf unser Fotoarchiv, nehmen unsere Lieblingsfassade und finden die Adresse des abgebildeten Hauses heraus. Wir klingeln dort und erfahren von den Besitzern Hersteller und Namen des Steines (Oxford von Röben).
Die Farben des Steines passen zu den Nachbarhäusern und er sieht gut aus. Auf der anderen Seite ist er dunkel, man braucht dringend weiße Elemente als Kontrast auf der Fassade und das bunte Gesamtbild (braun, dunkelrot, grau) könnte zu viel sein. Wir schildern unserer Architektin den Stand unserer Suche, zeigen ihr einige Bilder und kommen zu der Entscheidung, den Stein zu nehmen.
Dann weist und der Baustoffhändler darauf hin, dass wir uns einen Klinker ausgesucht haben. Diese Steine werden besonders stark gebrannt, haben eine Wasseraufnahme von unter 5% und sind deswegen schwer zu verarbeiten. Das bedeutet einen erheblichen Mehrpreis für viel zusätzliche Handarbeit. Oh nein, alles nochmal von vorne? Bevor wir aufgeben ein Blick auf die Homepage von Röben: da steht 5,5%. Der Baustoffhändler gibt uns recht, doch kein Mehrpreis. Puh, geschafft.
Das ist jetzt 5 Monate her. Seit heute liegen die ersten Steine auf der Baustelle und ein paar Fertigteile im Haus, die wohl später für die Fenster gebraucht werden. Nachdem ich lange unsicher war, ob wir den richtigen Stein ausgesucht haben, kommt jetzt ein gutes Gefühl auf. Ja, das könnte passen…